Mit den beginnenden Feierlichkeiten für das Chinesische Neujahr, das im Jahr 2021 das Jahr des Ochsen, ein Symbol der Stärke und der Entschlossenheit, einleitet, richten wir den Blick auf chinesische Aktien.
In den letzten Jahren sahen sich Anleger mit zahlreichen negativen Schlagzeilen rund um Handelskriege und internationale Spannungen konfrontiert. Was dabei jedoch häufig übersehen wurde, ist der signifikante Fortschritt, den China in den letzten Jahren bei der Entwicklung seiner Kapitalmärkte gemacht hat. Dies könnte Kapitalanlagen in China für ausländische Anleger so interessanter machen als je zuvor.
In den letzten Jahren haben sowohl das Stock-Connect- als auch das Bond-Connect-Programm den Zugang zum A-Aktien-Universum zunehmend ausgeweitet. Zulässige Northbound-Aktien1 stiegen von etwa 500 bei der Auflegung auf heute etwa 1.600, einschließlich zahlreicher nationaler und internationaler Blue-Chip-Marktführer.2 Wir sind zudem Zeugen der vorgeschlagenen Lockerung der Qualified Foreign Institutional Investor (QFII)-Regelungen3 geworden, die insbesondere die Entfernung aller Anlagequoten, die Vereinfachung der regulatorischen Anforderungen und die Öffnung von Anlagen im Derivatemarkt vorsieht. Zudem genehmigte China Wertpapierunternehmen wie beispielsweise JP Morgan oder Goldman Sachs den Besitz von hundertprozentigen Tochtergesellschaften, die daran arbeiten werden, die Qualität und Widerstandsfähigkeit des Kapitalmarktes insgesamt zu stärken. Dies sind nur einige der Entwicklungen, bei denen wir davon ausgehen, dass sie im Laufe des nächsten Jahrzehnts ein vorteilhaftes Umfeld für Anlagen im chinesischen Markt schaffen.
Ende 2020 legte China seinen vierzehnten Fünfjahresplan vor, der im März 2021 fertiggestellt wird. Eines der Kernthemen wird die Idee des „doppelten Wirtschaftskreislaufs“ (Dual Circulation) sein. Diese zielt darauf ab, die erneute Betonung der internen Wirtschaft, bei der der Binnenkonsum und die Unabhängigkeit bei Technologie und Lieferketten gefördert werden sollen, mit der externen Wirtschaft ins Gleichgewicht zu bringen, bei der die Bedeutung der anhaltenden Integration in die internationale Gemeinschaft auf den Handels- und Kapitalmärkten im Mittelpunkt steht.
Ein Beispiel, das diese Verordnung und die dadurch entstehenden Anlagemöglichkeiten veranschaulicht, ist das Gesundheitswesen. Angesichts der demografischen Entwicklung scheint es sicher, dass die chinesische Bevölkerung zunehmend älter und wohlhabender wird. Diese Situation wird sowohl aus Konsumenten- als auch aus Regierungsperspektive zu einer deutlichen Steigerung der Nachfrage in den Bereichen Gesundheit und Wellness führen. Dieses Nachfrageumfeld wird durch eine Reihe von wegweisenden Maßnahmen auf der Angebotsseite ergänzt, darunter folgende: die verstärkten Anstrengungen der Regierung bei der Entwicklung von innovativen Arzneimitteln; die Beschleunigung von Zulassungen und Kostenerstattungen für Arzneimittel durch Chinas Pendant zur amerikanischen Arzneimittelbehörde, die Food and Drug Administration (FDA), wobei ein fünfjähriges Verfahren auf ein Jahr reduziert wurde; die Vereinfachung der finanziellen Förderung von Start-Ups im Biotech-Bereich, einschließlich der Möglichkeit einer Börsennotierung bereits in einer Phase, in der sich noch keine Profite eingestellt haben; Chinas Mitgliedschaft im ICH (International Council for Harmonisation of Technical Requirements for Pharmaceuticals for Human Use) im Jahr 20174, einer weltweiten Organisation der Arzneimittelbehörden, was das chinesische Gesundheitswesen auf den Weltmarkt katapultierte.
Anlagen in Venture-Geschäfte stiegen sprunghaft von unter einer Milliarde US-Dollar im Jahr 2013 auf über 11 Milliarden US-Dollar im Jahr 20185. Über 30 Unternehmen wurden bereits an der Börse notiert.6 Über 80 international entwickelte Arzneimittel von globalen Biotech-Riesen wurden in China einlizenziert, im Vergleich zu nur etwa zehn im Jahr 2014.7 Zugleich war eine rapide Beschleunigung der „Auslizenzierung“ von in China entwickelten innovativen Arzneimitteln in den USA und Europa zu beobachten. Im Gegensatz zu anderen Sektoren war das Geschäftsumfeld für internationale Zusammenarbeit nie solider als jetzt und, was für Anleger noch wichtiger ist, die Chancen standen nie besser.
Die direkte Anlage in Arzneimittel und Medizinprodukte kann demzufolge Chancen bieten. Da unser Columbia Threadneedle Investment Central Research Team viele der einlizenzierten Arzneimittel seit Auflegung im Blick hat und wir mit der globalen Wettbewerbssituation bestens vertraut sind, verfügen wir über einen signifikanten Wettbewerbsvorteil. Es gibt aber noch andere Möglichkeiten, von diesem Aufschwung zu profitieren, etwa durch Anlagen in Contract Manufacturing Organisations (CMO) oder Contract Development and Manufacturing Organisations (CDMO). Dies ist ein Gebiet, in dem China wahre Weltmarktführer aufgebaut hat und einige der besten Geschäftsmodelle in allen Branchen auch jenseits des Gesundheitswesens aufweist. CRO/CDMO helfen und unterstützen alle Phasen der Arzneimittelentwicklung von der Entdeckung im Frühstadium über die klinische Forschung bis hin zur Herstellung, wobei sie aufgrund der großen Wertschöpfung ihrer Arbeit potenziell Beteiligungen und Meilensteinzahlungen erhalten. Um einen Goldrausch-Vergleich zu ziehen: Wenn die Biotech-Unternehmen die Goldgräber sind, dann sind die CRO/CDMO die Spatenhersteller, die unabhängig von demjenigen, der letztendlich auf die Goldader stößt, Gewinne erwirtschaften.
Ein weiterer interessanter Teilsektor ist die Früherkennung und Diagnose. Zwei Faktoren sind im Zusammenhang mit der alternden Gesellschaft Chinas und der unzureichenden Gesundheitsinfrastruktur bedeutsam: Erstens ist der Druck hoch, Krankheiten wie Krebs bereits in frühen oder sogar präkanzerösen Stadien zu erkennen, was zu besseren Behandlungsergebnissen bei nur einem Bruchteil der Kosten führt, die bei einem Behandlungsbeginn in einer späteren Phase anfallen. Zweitens hinkt das chinesische Gesundheitswesen den meisten Industrieländern hinterher. Kaum eine Familie hat einen Hausarzt und regelmäßige Untersuchungen beim Zahn- und Augenarzt sind selten. Folglich bestehen sowohl online als auch offline vielfältige Möglichkeiten, der sich abzeichnenden Nachfrage zu begegnen.
Fazit
Die fortwährenden Spannungen zwischen den USA und China haben sich in der Tat negativ auf einige Wirtschaftssektoren ausgewirkt, insbesondere auf bestimmte Technologiebereiche. Doch wo sich eine Tür schließt, öffnet sich eine andere. So gibt es Wirtschaftsbereiche wie das Gesundheitswesen, die eine bis dahin nicht existierende, enge internationale Zusammenarbeit erleben, sowohl auf Unternehmens- als auch auf staatlicher Ebene.
Bei Columbia Threadneedle ist es unser Ziel, uns von Bereichen mit größerer Unsicherheit zu entfernen und stattdessen spannende Chancen für unsere Anleger auszumachen. Aus einer Bottom-up-Perspektive betrachtet, gab es nie bessere Ausgangsbedingungen für Anlagen in China. Zudem gehen wir angesichts der anhaltenden Öffnung der Kapitalmärkte davon aus, dass die Gelegenheiten zunehmend interessanter werden.